Halloween für Texter? – Gendern!
Als Profi muss ich immer wieder die Frage stellen: „Wie wollen wir in den Texten gendern?“ Die Reaktionen reichen von genervten Augenrollen bis zu „Das haben wir ja noch nie gemacht!“ oder „Muss das denn sein?“
Doch egal ob ein Unternehmen in Sachsen oder Schleswig-Holstein ansässig ist, wo Gendern aktuell verboten ist, oder in Bayern und Thüringen, wo es zwar nicht verboten, aber auch nicht ausdrücklich erlaubt ist – wir müssen bedenken, dass Texte heutzutage auch über Landesgrenzen hinaus gesehen werden.
In meinem Artikel möchte ich mich auf den Texter-Alltag in Deutschland konzentrieren und festhalten: Gendern ist ein wichtiger Bestandteil, um Kunden als weltoffene, moderne und geschlechtergerecht agierende Unternehmen zu präsentieren.
Warum ist Gendern so wichtig?
Die Art und Weise, wie wir über Menschen denken und sprechen, wird maßgeblich von unserer Sprache beeinflusst. Niemand sollte sich ausgeschlossen fühlen, unabhängig von der eigenen Identität. Es gibt heutzutage so viele verschiedene Identitätsformen, dass es manchmal schwierig sein kann, den Überblick zu behalten. Dennoch ist es meine Überzeugung, dass es irrelevant ist, wie sich jemand identifiziert – sei es Geschlecht, Hautfarbe oder Religionszugehörigkeit – solange Respekt und korrektes Verhalten gegenüber anderen Menschen gezeigt werden. Die richtige Ansprache ist der Grundstein für gegenseitigen Respekt und für eine respektvolle Beziehung. Es reicht jedoch nicht aus, nur Attribute wie m/w/d richtig zu verwenden. Gendern geht darüber hinaus und erfordert ein Umdenken hin zu einer gendersensiblen Sprache.
Gendersensible Sprache: Mehr als nur Attribute
Es geht nicht nur darum, Frauen und Männer in der Sprache zu berücksichtigen, sondern auch Personen mit anderen Geschlechtsidentitäten einzuschließen. Eine Möglichkeit, gendersensible Sprache umzusetzen, ist die Verwendung geschlechtsneutraler Formulierungen wie „Person“ oder „Mensch“. Es geht darum, alle Menschen gleichermaßen anzusprechen und keine diskriminierenden Begriffe oder Ausdrücke zu verwenden. Eine bewusste Wortwahl und das kontinuierliche Lernen sind dabei entscheidend.
Tipps zum Einsatz gendersensibler Sprache
Neben den gängigen Methoden wie dem Unterstrich, dem Doppelpunkt oder dem Gendersternchen gibt es einige praktische Tipps, die das Gendern erleichtern können. Die Auswahl der passenden Methode hängt dabei vom Text und der Zielgruppe ab. Es sollte darauf geachtet werden, dass die gewählte Form nicht zu kompliziert wird und den Lesefluss nicht beeinträchtigt. Geschlechtsneutrale Wörter können ebenfalls eine gute Lösung sein, allerdings ist es wichtig, dass diese in jedem Kontext passend verwendet werden. Ein literarisches Beispiel dazu ist im Exkurs erwähnt.
Gendergerechtes Schreiben: Fehler vermeiden lernen
Gendergerechtes Schreiben stellt eine Herausforderung dar, da es nicht nur um die Berücksichtigung der beiden Geschlechter geht, sondern auch um die Einbeziehung aller Personen, unabhängig von ihrer Identität. Zu viel des Guten kann dabei abschreckend wirken. Es ist wichtig, dass sich sowohl Männer als auch Frauen angesprochen fühlen und nicht das Gefühl haben, aufgrund ihres Geschlechts ausgegrenzt zu werden. Die Verwendung neutraler Begriffe wie „Person“ oder „Mensch“ kann eine gute Lösung sein.
Gendersensibles Schreiben im Alltag
Gendern in Texten ist im Deutschen noch eine junge Kunstform und findet noch keinen breiten Einsatz in der gesprochenen Sprache. Es ist sogar in einigen Bundesländern (noch) verboten und es gibt auch laute Stimmen, die das Gendern abschaffen wollen. Dennoch wird es mit kommenden Generationen gebräuchlicher werden. Die Frage ist, ob und wie alle Teile der Bevölkerung auf diese sprachliche Reise mitgenommen werden können.
Von „Gendersternchen“ bis „Binnen-I“: Schriftlich gendern
Immer mehr Menschen achten darauf, in ihren Texten gendergerechte Sprache zu verwenden, hier die beliebtesten:
- Der Unterstrich, zum Beispiel bei „Mitarbeiter_innen“.
- Der Doppelpunkt, wie bei „Lehrer:innen“.
- Das Gendersternchen, so entsteht aus „Student“ die gendergerechte Form „Student*in“.
- Das Binnen-I, bei Wörtern wie „FreundInnen“ oder „WissenschaftlerInnen“
Eine gendergerechte Sprache sollte jedoch nicht nur bei Bezeichnungen haltmachen, sondern auch im gesamten Text und im Umgang miteinander angewendet werden. Doch das automatische Vernachlässigen von Geschlechterformen ist auch eine Herausforderung, da wir uns im Deutschen oft automatisch an die männliche Form halten. Das verlangt neben der Sensibilität auch Zeit, denn die Veränderung von bestehender Sprache ist ein Prozess, der sich nur mit Geduld und viel Übung ausprägen wird. Auch hier ist Toleranz gefragt, denn es gibt viele Stimmen, die das Gendern wieder abschaffen wollen. Letztendlich wird nur die Zeit zeigen, wie erfolgreich die sprachliche Inklusion verlaufen wird.
Fazit für die Texter-Praxis
Mit ein paar kleinen Tricks und etwas Sensibilität lässt sich das Gendern gut umsetzen. Damit das auch auf Dauer gelingt, sollten wir nicht vergessen, dass es letztendlich um Menschen geht, unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer Identität. Eine gendergerechte Sprache trägt dazu bei, diese Vielfalt angemessen auszudrücken und zu würdigen.
Exkurs: Beispiele aus Literatur und Praxis
Ein besonders kreatives Beispiel findet sich in dem Roman „Das Parfum“ von Patrick Süskind, in dem die männliche Hauptfigur Jean-Baptiste Grenouille als „Mensch“, statt als „Mann“ bezeichnet wird. Das Gendering erfolgt hier durch den Doppelpunkt, der verdeutlicht, dass es sich um eine Person jeglichen Geschlechts handeln kann. Das Buch ist schon etwas älter, und doch aktuell wie nie.
Weitere interessante Beispiele zur gendergerechten Formulierung zusammengesetzter Begriffe liefert auch der Duden in einem sehr interessanten und inspirierenden Beitrag: https://www.duden.de/sprachwissen/sprachratgeber/gendern-komposita-personenbezeichnungen